Blended-Learning in der höheren Berufsbildung

Personen, die die berufliche Grundbildung mit einem EFZ (Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis) abgeschlossen haben, finden in der höheren Berufsbildung eine inhaltlich nahtlos anschliessende Weiterbildung. Diese umfasst auf einer ersten Stufe die fachliche Qualifizierung mit der eidgenössischen Berufsprüfung und dem eidgenössischen Fachausweis und auf einer zweiten Stufe die Qualifizierung als Unternehmensleiter mit der höheren eidgenössischen Fachprüfung und dem eidgenössischen Diplom. Zudem stehen die höheren Fachschulen mit den höheren Fachprüfungen als Alternative zur Verfügung. Die Lernenden, die mit dem EFZ abschliessen und über keine Berufsmaturität verfügen, bilden die grösste Gruppe unter den Sek2-Abschlüssen. Wie die berufliche Grundbildung, ist der grösste Teil der Bildungsangebote der höheren Berufsbildung direkt an den kantonalen Berufsschulen angesiedelt.Schaut man sich auf den Websites der Bildungsanbieter um, fällt auf, dass praktisch keine Blended-Learning Angebote verfügbar sind. In der Regel dominieren Kursformate mit Präsenzunterricht. Dem Wunsch bezüglich Flexibilisierung der Weiterbildungszeiten entspricht man, in dem mehre Zeitformate angeboten werden, z.B: ganzer Tag, zwei halbe Tage, Nachmittag und Vorabend oder auch am Samstag. Gerade bei kleineren Berufsgruppen sind die Einzugsgebiete gross und die Anreisezeiten entsprechend lang. Bei einzelnen Berufsprüfungen ist die Nachfrage so gross, dass nicht alle Interessenten Aufnahme in die Klasse finden und auf eine Warteliste kommen.

Mit den Bundesbeiträgen für Kurse, die auf eidgenössische Prüfungen vorbereiten erhalten die Angebote der höheren Berufsbildung zusätzliche Attraktivität. Damit wurden im Vergleich zu Angeboten der Fachhochschulen und Hochschulen ähnliche finanzielle Voraussetzungen geschaffen. Bezüglich neuer Lernformen im Bereich Blended-Learning und E-Learning ist die höhere Berufsbildung noch nicht so weit entwickelt.

Das Bedürfnis nach flexiblen Kurszeiten, die Reduktion der Reisezeiten und der Wunsch eine Weiterbildung zum für den Lernenden optimalen Zeitpunkt zu absolvieren liesse sich mit Blended-Learning Konzepten optimieren. Blended-Learning setzt sich aus einer Mischung von Online-Lernsequenzen (E-Learning) und Live-Veranstaltungen (Präsenzunterricht) an einem gemeinsamen Lernort zusammen. Die Bildungsformate, selbstorganisiert, explorativ, simultane Veranstaltungen, Gruppenaufträge, 1:1 Austausch können mit entsprechenden digitalen Tools sowohl Online als auch vor Ort durchgeführt werden. Aber auch Frontal-Unterricht in Form von Videos lässt sich übers Netz abbilden. Workshops, Diskussionen oder Aufgaben, die auf eine Laborinfrastruktur zurückgreifen, finden dann eher am Bildungsstandort statt.

Es fällt auf, dass in Zürich im Vergleich zu anderen Kantonen diesbezüglich wenig läuft. Das Zentrum für berufliche Weiterbildung (St.Gallen) und die ABB Technikerschule (Aargau) haben in einer Kooperation mit der Fernfachhochschule Schweiz die Plattform flexhf.ch ins Leben gerufen. Zur Zeit kann man dort im Blended-Learning Konzept zwei Abschlüsse erwerben: Energietechnik HF und Maschinenbau HF. In St.Gallen ist man der Meinung, dass mit dem Blended-Learning Ansatz das Einzugsgebiet wesentlich grösser wird. Dass sogar die nahe Grenzregion des Vorarlberg oder Süddeutschland dazu gehören könnten.

Ist eine Anreise an den Kursort nur alle zwei Monate erforderlich, eventuell mit Übernachtung, so ist das gut zu bewältigen auch für Personen, die über längere Distanzen anreisen. Bei einem wöchentlichen Präsenzunterricht am Vorabend, kämen lange Anreisezeiten nicht in Frage.Die beiden Schulen, die sich an flexhf.ch beteiligen holten sich das Knowhow bezüglich E-Learning und Blended-Learning mit einer Kooperation mit der Fernfachhochschule Schweiz. Sie verfügt über langjährige Erfahrung mit dem Aufbau solcher Bildungsangebote und der Vermittlung der erforderlichen Lehr- und Lernkompetenzen für die Lehrpersonen und die Lernenden. Dazu gehört auch das technische Know-How für die Produktion der Lernsettings, Lerninhalte und den Betrieb der Kommunikations- und Lernplattform.

Schaut man im weiteren Bildungsumfeld wie die Verbreitung von Blended-Learning aussieht, so fällt auf, dass die Hochschulen hier viel weiter sind.

Das Studienkonzept ZHAW Gesundheit basiert auf Blended-Learning (E-Learning mitPräsenzunterricht).
An der Fachhochschule ZHAW sind die Blended-Learning Formate bei den Studierenden sehr beliebt. Heute braucht es bereits gute Gründe, damit die Studentinnen und Studenten die Präsenzveranstaltungen an der Fachhochschule überhaupt noch besuchen. Hier ist die ZHAW didaktisch gefordert.

Die ETH Lausanne (EPFL) erreicht mit ihrer «Extension School»  über zwei Millionen Studierende weltweit (Aebischer, Patrick, „An der ETH Lausanne gibt es schon über zwei Millionen Studenten“, NZZ 7.4.2018). Es gibt keine Zulassungsbeschränkungen und für die Kurse wird eine Kursgebühr erhoben. Für die Ausbildungsdauer von 250 Stunden bezahlt man 300.- CHF pro Monat. Mit den Kursen lassen sich ECTs Punkte und COS (Certificate of Open Studies) erwerben.

Aber auch kleinere deutschsprachige Weiterbildungsanbieter wie die Volkshochschule Mecklenburg-Vorpommern testen mit Weiterbildungsangeboten in der Cloud (https://vhs.cloud). Spannend ist ein Angebot eines Zeichnungskurses mit einem bekannten Illustratoren.

Für die Berufsbildung Schweiz eröffnet sich hier ein weites Feld, die qualitativ hochwertige höhere berufliche Weiterbildung näher an die Leute zu bringen.

In Kombination mit einem Colearningspace und einer europäischen oder internationalen Anerkennung der Abschlüsse wäre auch eine weitere Ausdehnung denkbar. Nimmt man im Internet den Sprachraum als Grenze, so wären das mit Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch sehr grosse Einzugsgebiete über mehrere Länder und Kontinente, die man mit der höheren Berufsbildung erschliessen könnte.

Wer im Hinblick auf die Lancierung und Entwicklung von Angeboten im Bereich Blended-Learning an weiteren Informationen interessiert ist, kann gerne mit mir Kontakt aufnehmen. Hinweise über aktuelle und künftige Angebote der höheren Berufsbildung nehme ich gerne entgegen.

christian.hirt@edu-ict.ch

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